Dienstag, 20. Dezember 2011

Thomas von Aquin und Weihnachten


Nullum enim est tam evidens divinae caritatis indicium quam quod Deus creator omnium factus est creatura, dominus noster factus est frater noster, filius Dei factus est filius hominis.
Ioan. III, 16: sic Deus dilexit mundum ut filium suum unigenitum daret.
Et ideo ex huius consideratione amor reaccendi debet et inflammari ad Deum.

Kein Beweis für die göttliche Liebe ist so groß, wie der, daß Gott, der Schöpfer aller Dinge, ein Geschöpf, dass unser Herr unser Bruder und dass der Sohn Gottes ein Menschenkind wurde. So Johannes III, 16: So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn dahingab.
Und deshalb folgt aus dieser Betrachtung, daß die Liebe zu Gott neu entfacht wird und entbrennt.

(Thomas von Aquin, Über das Credo)

Wir wünschen allen unseren Lesern ein gesegnetes & gnadenreiches Weihnachtsfest und alles Gute und neue Erkenntnisse im Neuen Jahr

Samstag, 10. Dezember 2011

Noch einmal: Das Universalienproblem


Schon einige Male haben wir in diesem Blog das Problem der Universalien, also allgemeiner, abstrakter Entitäten, die verschiedenen Dingen gleichzeitig zukommen können, thematisiert. Zu den Universalien gehören Wesenheiten, Eigenschaften, Relationen und Akzidenzien. Das Problem stellt sich folgendermaßen: Universalien existieren nicht als Universalien in einer vom Verstand unabhängigen Realität.  Sie existieren ausschließlich in einer Vielfalt in einzelnen Dingen. Dies ist die eine Position. Doch wenn sie nicht als Universalien in der Realität existieren, existieren sie dann ausschließlich im Verstand? Auch dies kann nicht wahr sein.

Mittwoch, 30. November 2011

Das Naturrecht und seine Feinde


In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. November 2011 greift der linksliberale Jurist Stephan Rixen, seit 2010 Professor an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth, Lehrstuhl für Öffentliches Recht I, mit Boshaftigkeit aber ohne Argumente die überlieferte Lehre vom Naturrecht an, wie sie jüngst in einem Buch des renommierten Salzburger Emeritus Wolfgang Waldstein noch einmal zusammengefasst wurde. Papst Benedikt XVI. hatte in seiner Rede im Bundestag mehrfach aus diesem Buch zitiert. Der Beitrag von Rixen für die FAZ ist an Boshaftigkeit kaum zu übertreffen, zugleich aber so gut wie frei von Argumenten.

Dienstag, 22. November 2011

Thomistischer Empirismus

Es war nicht John Locke oder irgendein anderer neuzeitlicher Philosoph der behauptete, dass alle Erkenntnisse ihren Ausgang von den fünf Sinnen nehmen. Diese These hat Thomas von Aquin auf der Grundlage der aristotelischen Philosophie vertreten und wurde dafür zu Lebzeiten heftig angegriffen. Denn zu seiner Zeit, im 13. Jahrhundert, war Thomas von Aquin der Einzige, der diese These konsequent verteidigte. Fast alle anderen scholastischen Philosophen, selbst der Lehrer des Thomas, Albertus Magnus, sowie die arabischen Philosophen waren Anhänger der Auffassung, dass es eingegossene göttliche Ideen gibt.

Dienstag, 15. November 2011

Verstand und Wille

Eine nicht geringe Verwirrung herrscht seit langer Zeit über die beiden Potenzen des menschlichen Geistes, über Verstand und Wille. Zahlreiche Probleme in verschiedenen Gebieten, wie der Rechtswissenschaft, sind dadurch entstanden und haben Folgen gezeitigt, die bis in das persönliche Leben des Menschen hinein wirken. Wäre zum Beispiel ein Rechtspositivismus möglich gewesen, wie er auch dem Nationalsozialismus und dem Kommunismus zugrunde liegt, wenn man das Verhältnis von Vernunft und Wille richtig verstanden hätte? Der Anfang dieser falschen Auffassung über das Verhältnis der beiden geistigen Potenzen liegt in der Scholastik. Doch hier findet sich auch eine klare Unterscheidung der beiden und eine wahre Bestimmung ihres Verhältnisses.

Das Wesen des Thomismus


Unter diesem Titel ist jetzt im Verlag Editiones Scholasticae ein hervorragendes Buch neu aufgelegt worden, das ich meinen Lesern und Freunden gerne empfehlen möchte. Mit diesem Titel hat der Verlag ein wirkliches Highlight des Neuthomismus wieder veröffentlicht. Der Autor, Gallus M. Manser kann durchaus als der Garrigou-Lagrange des deutschen Sprachraums bezeichnet werden. Zudem waren beiden Neuscholastiker gut miteinander befreundet. Doch was ist denn nun das Wesen des Thomismus?


Mittwoch, 5. Oktober 2011

Der Realismus der Finalität

Vor etwa zwei Wochen ist ein Buch erschienen, das ich in meinem Urlaub in der vergangenen Woche gelesen habe und das ich Ihnen, verehrter Leser, verehrte Leserin, unbedingt empfehlen möchte. Es handelt sich um die erstmalige deutsche Übersetzung eines Buches des wohl bekanntesten Neuscholastikers der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert, Reginald Garrigou-Langrange. Das Buch trägt den deutschen Titel „Der Realismus der Finalität“ und behandelt die Bedeutung der Finalität, also der Zwecke und Ziele in zahlreichen Zusammenhängen der Philosophie und Theologie. Dem Verlag Editiones Scholasticae ist zu danken, dass er die Übersetzung dieses Buches ermöglicht hat.

Montag, 19. September 2011

Jane Goodall und die unsterbliche Seele

Die bekannte Primatenforscherin Jane Goodall, die sehr viel Erfahrung im Umgang mit Schimpansen und Gorillas hat, behauptet, dass diese höheren Primaten, wie der Mensch, eine unsterbliche Seele besitzen. Die Unsterblichkeit der menschlichen Seele ist nicht nur theologischer Glaubensinhalt, sondern lässt sich philosophisch beweisen. Er beruht auf der Tatsache, dass der menschliche Geist unabhängig vom Leib Akte vollziehen kann. Mir ist nicht bekannt, dass sich derartige Akte auch bei höheren Primaten finden. Doch nur wenn sich dies zeigen lässt, wäre die Behauptung von Jane Goodall berechtigt.

Sonntag, 18. September 2011

Einwände gegen die Akt-Potenz-Theorie (APT)

Alle mir bekannten Einwände gegen die zuvor nur kurz dargestellte Akt-Potenz-Theorie beruhen auf Missverständnissen oder Voraussetzungen einer Metaphysik, die sich wesentlich von der essentialistischen Metaphysik unterscheidet. Diese Missverständnisse bestehen in der Verwechslung von Akt und Potenz mit logischer Möglichkeit und Wirklichkeit. Die andere Metaphysik, von der man die APT kritisiert, ist eine aktualistische Metaphysik bzw. Ontologie, in der es nur Wirkliches gibt.

Samstag, 10. September 2011

Akt und Potenz

In seinem Hauptwerk „Das Wesen des Thomismus“ macht der Neuscholastiker Gallus M. Manser deutlich, dass das Wesen dieser Philosophie in der von Aristoteles begründeten Akt-Potenz-Theorie besteht. Manser geht in seinem Werk sämtliche Grundlagen der Philosophie und Theologie des Aquinaten durch, um diese These zu exemplifizieren. Das Buch ist leider nur noch antiquarisch zu bekommen (wenn überhaupt). Worin besteht diese Theorie?

Mittwoch, 31. August 2011

Kausalität


Schon einige Male habe ich in diesem Blog über Kausalität geschrieben, insbesondere über die scholastische Vier-Ursachen-Lehre. Eine dieser vier Ursachen ist die Wirkursache, die einzige der vier Ursachen, deren Existenz auch in der modernen Philosophie häufig (wenn auch nicht immer) anerkannt wird. Allerdings unterscheidet sich das moderne Verständnis der Wirkursache deutlich von dem Verständnis der Scholastik. David Hume und seine Gefolgsleute in der Gegenwartsphilosophie bestreiten grundsätzlich, dass es überhaupt eine Kausalbeziehung gibt. Doch dann ist Wissenschaft praktisch unmöglich.

Mittwoch, 17. August 2011

Entstehung des Lebens aus Materie?


Ist es zumindest theoretisch möglich, dass Leben aus unbelebter Materie entsteht? Gewisse Evolutionstheoretiker mit einer Neigung zu Übergriffen in philosophische Bereiche behaupten, dass eine solche Entstehung des Lebens nicht nur möglich ist, sondern notwendig ist, weil das Leben nicht anders erklärt werden kann. Etwas genauere Überlegungen über das Wesen der Kausalität machen allerdings deutlich, dass die Entstehung von Lebewesen, wie primitiv diese auch sein mögen, aus unbelebter Materie schon rein theoretisch völlig unmöglich ist.

Mittwoch, 3. August 2011

Interesse an scholastischer Philosophie wächst

Nicht nur im angelsächsischen Raum, sondern offensichtlich auch in Deutschland, nimmt das Interesse an der scholastischen Philosophie wieder zu. Während in den U.S.A. und auch in England bereits einige Philosophen die scholastische Philosophie auf moderne und gegenwärtige Fragestellungen anwenden, sind im deutschsprachigen Raum solche Philosophen noch an einer Hand abzulesen. Doch nun gibt es einen eigenen Verlag für scholastische Philosophie in Deutschland, der vielleicht zur Förderung dieser immerwährenden Philosophie beitragen kann.

Donnerstag, 28. Juli 2011

Hierarchie des Seienden

Wohl kaum etwas anderes ist in der modernen, aufgeklärten Welt von heute so umstritten, wie die Annahme einer Hierarchie und Ordnung alles Seienden. In dem geradezu zwanghaften Versuch, alles gleich zu machen, stellen postmoderne Humanisten selbst Tiere über den Menschen. Auch in der modernen Philosophie und Metaphysik, besonders der analytischen Metaphysik, werden alle Unterschiede zwischen den Seienden, die auf eine hierarchische Ordnung hinweisen, nivelliert. Dabei ist schon dem gesunden Menschenverstand ganz offenbar, dass es eine gewisse Ordnung und Hierarchie der sichtbaren Schöpfung gibt, die bei der unbelebten Materie beginnt und bis zum vernunftbegabten Lebewesen hinaufgeht. Doch was ist das metaphysische Fundament dieser Ordnung?

Sonntag, 17. Juli 2011

Dispositionen

In der Gegenwartsphilosophie gibt es seit mehreren Jahren eine Debatte über das Thema der Dispositionen. Die Fragen drehen sich darum, was Dispositionen sind, ob es sie überhaupt gibt, d.h. ob sie reduzierbar sind und wenn es sie gibt, ob es sich dabei um eine eigene ontologische Kategorie handelt. Bedauerlicherweise spielt der Hylemorphismus in dieser Debatte praktisch überhaupt keine Rolle, obwohl die aristotelische Akt-Potenz-Theorie hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten könnte. Was ist nun eine Disposition? Das typische Beispiel hierfür, dass sich in verschiedensten Veröffentlichungen zu diesem Thema findet, ist die Wasserlöslichkeit von Salz. Salz hat die „Disposition“ sich in Wasser aufzulösen. Doch was bedeutet das?

Freitag, 15. Juli 2011

Evolution und Teleologie

Teleologie hat nichts mit Theologie zu tun, obgleich auch die Theologie teleologisch argumentiert. Teleologie ist die Lehre, dass alles was es gibt einen Zweck hat bzw. einem Ziel zustrebt, das es zu erreichen trachtet. Dies gilt nicht nur für menschliche Handlungen, für die auch moderne Philosophen Zwecke zugestehen, sondern auch für alle anderen Lebewesen und selbst für einfache materielle Dinge. Die moderne Naturwissenschaft und mit ihr die mechanistische Philosophie ist bestrebt, Zwecke bzw. Zweckursachen durch Wirkursachen zu erklären. Darüber wurde hier bereits mehrfach geschrieben. Im Besonderen trifft dies für die Evolutionstheorie zu und für streng naturalistische Philosophen, die die Evolutionstheorie missbrauchen, um die Naturalisierung der Zweckursachen zu begründen.

Dienstag, 5. Juli 2011

Die Immaterialität der Erkenntnis

In der Gegenwartsphilosophie wird schon seit langem versucht, alle Weisen der Erkenntnis auf materielle Ursachen zurückzuführen. Es gibt inzwischen eine große Zahl unterschiedlicher materialistischer Theorien der Erkenntnis, die auf unterschiedlichen Wegen dieses eine Ziel verfolgen: Erkenntnis als nichts anderes zu erweisen als einen bestimmten materiellen Zustand des Gehirns. Die aristotelische Scholastik hat bereits vor Jahrhunderten gezeigt, dass  solche Versuche nicht gelingen können, da die menschliche Erkenntnis wesentlich immateriell ist. Gegen diese Argumente kommen bis heute die materialistische Theorien des Geistes nicht an.

Donnerstag, 30. Juni 2011

Das Gehirn im Tank – Zweifel an der Existenz der Außenwelt

Die moderne Welt ist seit Jahrhunderten von starker Skepsis geprägt. Seit Descartes ist es ungewiss, ob unsere Erkenntnis den Dingen der Welt entspricht. Für Descartes ist es möglich, dass ein böser Dämon uns irgendwelche Gedanken und Bilder eingibt, die wir für die Wirklichkeit halten, ähnlich wie der Träumende das, was er träumt, für wirklich hält. Der Philosoph Putnam hat dies mit einem mehr unserer modernen Zeit angemessenem Gedankenexperiment veranschaulicht, nämlich dem „Gehirn in Tank“. Ein übler Neuwissenschaftler könnte demnach durch Verbindungen zu unserem Gehirn unsere Gedanken und Wahrnehmungen beeinflussen, so dass alles was, was wir als real betrachten, nur das Ergebnis der Manipulationen eines Neurowissenschaftlers ist.

Sonntag, 26. Juni 2011

Neurowissenschaft und scholastischer Hylemorphismus

Ist es nicht erstaunlich, dass angesichts der Erkenntnisse der modernen Neurowissenschaften, die eine enge Verbindung zwischen geistigen und körperlichen Tätigkeiten sichtbar gemacht haben, die scholastische Auffassung vom Verhältnis von Seele und Körper so gut wie keine Beachtung findet? Stattdessen streiten die Philosophen über die Frage, ob der cartesische Dualismus (in welcher Form auch immer, als Substanzdualismus oder als Eigenschaftsdualismus) oder der Materialismus die Erkenntnisse der Neurowissenschaften besser interpretieren. Seit Jahren steht das sogenannten „Mind-body-problem“ im Zentrum der philosophischen Forschung, doch die Lösung, die bereits bei Aristoteles zu finden ist und dann besonders in der mittelalterlichen Scholastik ausgearbeitet wurde, wird von kaum einem Philosophen ernst genommen. Bereits das „Problem“ selbst ist falsch gestellt, da es Formal- und Finalursache von vornherein von einer Problemlösung ausschließt.

Mittwoch, 22. Juni 2011

Ist der Embryo kein Individuum?

In der Ausgabe der FAZ vom 22. Juni schreibt Horst Dreier, Professor für Rechtsphilosophie, Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Würzburg, dass der Embryo nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle innerhalb der ersten 14 Tage noch kein Individuum ist und folglich nicht den Schutz des Menschenwürde durch das Grundgesetz beanspruchen kann. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Zulassung der PID nicht verfassungswidrig ist. Das Argument gegen die Individualität des Embryos ist alt und wird von den meisten sogenannten Bioethikern verwendet. Doch das Argument ist falsch ist kann widerlegt werden. Bedauerlicherweise ist die Widerlegung dieses Arguments in Deutschland offensichtlich unbekannt.

Das Elend der modernen Theologie

Wie weit die katholische Theologie und Philosophie sich in den letzten Jahrzehnten von den Grundlagen der scholastischen Philosophie entfernt hat, könnte an zahlreichen Beispielen aus dem alltäglichen Lehr- und Publikationsbetrieb gezeigt werden. Mit fiel heute ein solches Beispiel in die Augen, als ich einen Beitrag in der nicht selten recht guten Zeitschrift „Die neue Ordnung“ mit dem Titel „Die Rolle der Religion im Zeitalter der Säkularisierung“ las. Dort heißt es doch wörtlich: „Daraus folgt ein weiteres fundamentales Prinzip des Denkens: Die Personalität des Sein.“

Freitag, 10. Juni 2011

Analogie des Seins

In der Gegenwartsphilosophie ist mir keine Philosophie bekannt, die „Sein“ als analogen Begriff versteht. Alle modernen philosophischen Systeme stimmen, trotz erheblicher Unterschiede in zahlreichen anderen Fragen, darin überein, dass Sein nichts anderes besagt als „Existenz“ und univok zu verstehen ist. Die aristotelische Scholastik stellt auch hier eine Ausnahme dar. Sie hält daran fest, dass Sein nur analog zu verstehen ist. Die Argumente für diese Behauptung sind in der modernen philosophischen Debatte meist unbekannt oder missverstanden.

Freitag, 3. Juni 2011

DNA und Finalursache

Immer wieder hört man, die scholastische Philosophie stehe im Widerspruch zur modernen Naturwissenschaft. Man könnte darauf in der Weise Hegels antworten, der auf den Einwand, seine Philosophie stehe im Widerspruch zur Realität (was in der Tat der Fall ist), antwortete, „umso schlimmer für die Wirklichkeit“. Zunächst gilt auf jeden Fall, dass sich die scholastische Philosophie und die moderne Wissenschaft grundsätzlich nicht widersprechen können, da beide auf zwei verschiedenen Ebenen liegen. Es mag Wissenschaftler geben, die ihre Grenzen überschreiten und aus ihren empirischen Ergebnissen „philosophische“ Schlussfolgerungen ziehen, doch dann sprechen sie als Philosophen und nicht als Wissenschaftler. Am Beispiel der Desoxyribonukleinsäure (DNA) kann man deutlich machen, wie die moderne Biologie sehr klar für die Annahme einer Finalursache spricht.

Donnerstag, 2. Juni 2011

Ist mein Ferrari eine Substanz?

Bei gewissen Autoliebhabern kann man sich gelegentlich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ihr Fahrzeug wie ein lebendiges Wesen behandeln. Sie sprechen mit ihrem Fahrzeug, wie andere mit ihrem Hund, sie pflegen fast täglich ihre Karosse, basteln und schrauben... Doch weiß natürlich letztlich auch der Ferrari Fahrer, dass sein Auto nicht lebt. Doch was ist ein Auto, ein Telefon, ein Computer oder der „David“ von Michelangelo? Man nennt diese Dinge „Artefakte“, also künstliche Gegenstände, von Menschen gemachte Dinge. Diese Artefakte sind in unserer modernen technischen Welt oft so aufdringlich, dass sie, besonders in Städten, den Blick auf die natürlichen Dinge oft verstellen können. Doch was sind Artefakte?

Sonntag, 29. Mai 2011

Universalien

Verehrter Leser, bitte stellen Sie sich verschiedene Gegenstände vor, die alle genau die gleiche Eigenschaft haben, oder die alle das gleiche Wesen haben. Fritz, Petra und Angelika sind Menschen. Hasso, Fido und Lumpi sind Hunde. Obgleich es zwischen den drei Menschen zahlreiche Unterschiede gibt und ebenso zwischen den drei Hunden, stimmen die beiden Dreierpaare darin überein, dass die ersten drei Menschen sind, während die anderen drei Namen Hunde bezeichnen. Der Philosoph oder die Philosophin stellt nun die Frage, ob diese Gemeinsamkeit – eben das Wesen des Hundes oder das Wesen des Menschen wirklich sind, ob sie auch unabhängig von unserem Denken und Erkennen bestehen, oder ob es sich bloß um allgemeine Begriffe oder gar bloß um Namen handelt, denen in der Realität nichts entspricht. Von der Beantwortung dieser Frage, die sich für den philosophischen Laien doch arg abstrakt anhört, hängt sehr, sehr Wesentliches ab.

Mittwoch, 25. Mai 2011

Sachverhaltsontologie contra Wesenheiten



Unter den gegenwärtigen Positionen innerhalb der neueren Ontologien, insbesondere der analytischen Ontologie gibt es eine Ontologie, deren Grundlage sogenannte Sachverhalte (auch Tatsachen genannt, im englischen State of Affairs oder Facts) sind. Ich halte diese Ontologien wegen ihres Universalienrealismus und anderer Theorien für die derzeit beste nicht-scholastische Philosophie. Sie ist insgesamt konsistent und einfach. Dies besagt natürlich nicht, dass ich diese Ontologien für richtig halte. Im Gegenteil: Sachverhaltsontologien lehnen Wesenheiten im Sinne der aristotelischen Scholastik radikal ab. Hauptvertreter dieser Ontologien sind Gustav Bergmann (+ 1967) und seine Schule, insbesondere Reinhard Grossmann (+ 2010) und in Deutschland Erwin Tegtmeier, dessen Ontologie die am besten entwickelte ist. Am bekanntesten dürfte David Armstrong sein, der aber nicht dieser Schule zuzurechnen ist. Die Kritik der „Bergmann-Schule“ an den Wesenheiten soll im Folgenden diskutiert werden.

Sonntag, 22. Mai 2011

Menschenrechte für Tiere?

In den vergangenen zwanzig Jahren ist die sogenannte Tierrechtsbewegung besonders in den angelsächsischen Ländern immer stärker geworden. Vor allem in den USA gibt es eine macht- und einflussreiche Organisation mit dem Namen Nonhuman-Rights (NHR), der es in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich gelungen ist, an 120 Law Schools Kurse für Tierrechte zu etablieren und an 155 von 200 Rechtsschulen Ortgruppen der Animal Legal Defense Fund (ALDF) zu gründen, die sich dafür einsetzen, dass Lehrstühle für Tierrechte eingerichtet werden. Vermutlich haben auch Sie schon einmal an einem Stopp-Schild den Aufkleber gesehen „Stopp Eating Animals“. Scholastiker möchte sich diesem Thema annehmen und die philosophischen Grundlagen von Tierrechten klären helfen.

Mittwoch, 18. Mai 2011

Die Substanzen

Schon in der Frühe der modernen Philosophie wird die Substanz in Frage gestellt. Dies hat sich bis heute kaum geändert. Dabei beruht auch in diesem Fall die Ablehnung weitgehend auf Missverständnissen des aristotelisch-scholastischen Substanzbegriffs. In erster Linie geht es bei den Substanzen um die konkreten Einzeldinge und hier im Besonderen wieder um die Lebewesen und die Atome, Moleküle und möglicherweise bestimmte subatomare Teilchen, sofern diese als selbständige Seiende sich erweisen lassen. Vom Menschen hergestellte Dinge, wie Tische, Werkzeugmaschinen, Uhren oder Kunstwerke sind nur in einem abgeleiteten Sinne als Substanzen zu bezeichnen. Die Frage aber ist, was denn eine Substanz ist.

Montag, 16. Mai 2011

Materie und Veränderung

Welche Bedeutung die Materie im zuvor dargestellten Sinne hat, wird vor allem bei der philosophischen Erklärung der Veränderung deutlich. Die ganze Welt und alles in ihr befindet sich in ständiger Veränderung. Die neuzeitliche und auch gegenwärtige Philosophie hat nicht selten einen sehr eingeschränkten Begriff von Veränderung, der vor allem von Descartes beeinflusst und auf die Ortveränderung, also die räumliche Veränderung, eingeschränkt ist. Die scholastische Philosophie kennt weit mehr Arten der Veränderung. Ganz grob kann man unterscheiden zwischen akzidenteller Veränderung, wie qualitativer, quantitativer oder räumliche Veränderung und der Wesensveränderung, bzw. der substantiellen Veränderung. Eine qualitative Veränderung liegt bei der Veränderung der Qualität eines Dinges vor, z.B. von ich mein schwarzes Auto grün lackieren lassen. Eine quantitative Veränderung ist eine Veränderung meines Körpergewichts, wenn es mir z.B. nach monatelangem Fasten gelingt, 10 kg Gewicht abzunehmen.

Samstag, 14. Mai 2011

Einige Neuerungen im Blog

Ich habe meinen Blog etwas überarbeitet und bestimmte Merkmale hinzugefügt. Nicht nur das Design wurde erneuert mit dem Ziel einer besseren Lesbarkeit und Übersichtlichkeit, auch zwei Rubriken für Links, Websites und Blogs, wurden hinzugefügt. Die meisten dieser Links sind (leider) englischsprachig, da es im deutschen Sprachraum bislang kaum Websites oder Blogs gibt, die mit dem Thema Scholastik in direkter Verbindung stehen, zumindest nicht so in Verbindung stehen, dass sie zu empfehlen sind.

Freitag, 13. Mai 2011

Materie

Der philosophische Zeitgeist ist materialistisch. Er versucht, alles was es gibt auf etwas Materielles zurückzuführen. Dabei überlässt man die Antwort auf die eigentlich philosophische Frage, was denn die Materie ist, den Naturwissenschaften. Doch diese sind sowohl vom Gegenstand ihrer Forschung als auch von ihrer Methode her nicht in der Lage eine philosophische Wesensfrage zu beantworten. In meinem letzten Beitrag wurde mehrfach die Materie als zweites Konstitutionsprinzip der Dinge genannt. Was wir als Materie oder als materielle Dinge kennen, ob Sandhaufen, Steine, Berge, Planeten, Sterne oder auch Lebewesen, die ja auch materiell sind, ist immer schon geformte Materie, Materie, die durch die Form bestimmt ist. Dies gilt selbst für Moleküle, Atome und selbst subatomare Teilchen, wie Elektronen, Protonen, Neutronen und deren Bestandteile. Ein Materialist, oder besser gesagt ein Physikalist, als besondere Spezies des Materialisten, behauptet, Materie sei letztlich auf diese atomaren Teile zurückführbar; Atome und subatomare Teilchen seien das, was man mit Materie bezeichnet und aus diesen Teilchen sei alles andere zusammengesetzt. Natürlich ist das nicht falsch, aber es ist keine wirklich philosophische Erklärung.

Mittwoch, 11. Mai 2011

Wesenheit und Wesensform

Die Wesenheit eines jeden Seienden wird durch die Definition ausgesagt. Bestimmend für die Wesenheit eines jeden Dinges ist die Form. Ganz allgemein besteht jede Entität aus Form und Materie, wobei die Form das Bestimmende, die Materie das Bestimmte und Bestimmbare ist. In dieser Allgemeinheit ist die Form das Prinzip der Bestimmung, das auch bei nicht-substantiellen Dingen, Eigenschaften und Akzidenzien, zu finden ist. Die Form bestimmt, was etwas ist, sei es ein grüner Fleck, ein Sandhaufen, ein Auto und natürlich echte Substanzen, also insbesondere alle Lebewesen. Bei diesen Letzteren, den Substanzen, handelt es sich um eine besondere Form, nämlich die Wesensform oder substantielle Form.

Montag, 9. Mai 2011

Existenz und Wesenheit: Nur ein einziges Seiendes?

Im Beitrag zuvor hatte ich am Schluss darauf hingewiesen, dass eines der wichtigsten Gründe für die Leugnung der realen Verschiedenheit von Wesenheit und Existenz der moderne Zweifel an der Erkennbarkeit der Existenz (und natürlich ebenso der Wesenheit) ist. Wirklich starke Argumente gegen diese fundamentale Unterscheidung gibt es kaum. Bei Thomas von Aquin gibt es noch ein weiteres Argument gegen die Annahme, Existenz und Wesenheit könnten nicht unterschieden werden. Thomas legt dar, dass wenn Wesenheit und Existenz nicht verschieden sind, sie identisch sind. Das heißt „jede“ Wesenheit existiert. Man kann noch weiter gehen und sagen, alles was denkbar ist, existiert auch. Diese Position, die man als Aktualismus bezeichnet, wird in der modernen analytischen Philosophie tatsächlich vertreten.

Dienstag, 3. Mai 2011

Wesenheit und Existenz

Fundamental für die gesamte scholastische Philosophie ist die reale Unterscheidung von Wesenheit und Existenz. Thomas von Aquin nennt seine erste kleine Schrift, gewissermaßen seine „Dissertation“, „De ente et essentia“, über das Sein und das Wesen und schreibt hier einleitend; „Ein kleiner Irrtum zu Beginn wird am Ende zu einem großen, sagt der Philosoph (gemeint ist hier Aristoteles, sagt Scholastiker) im ersten Buch seiner Schrift über Himmel und Erde. Nun sind aber, wie Avicenna zu Beginn seiner Metaphysik bemerkt, Seiendes und Wesen die beiden Begriffe, die von unserem Denken zu allererst erfasst werden.“ Und so fährt Thomas fort, um ein Missverständnis gleich am Anfang zu vermeiden, muss man zunächst diese Wort Seiendes und Wesen klären. Dies ist dann der Gegenstand der kleinen Schrift. Die spätere Philosophie hat diesen Rat leider nicht mehr befolgt und damit auch die Unterscheidung von Seiendes und Wesen übergangen. Die Folgen sieht man in der neuzeitlichen Philosophie.

Sonntag, 1. Mai 2011

Die Erkennbarkeit von Wesenheiten

Tatsächlich beruhen alle, oder fast alle Argumente gegen Wesenheiten auf der Behauptung, dass Wesenheiten, sollte es solche tatsächlich geben, nicht erkennbar sind. Selbst wenn dieses Argument zutreffen sollte, was wir bestreiten und sogleich widerlegen werden, dann wäre dieser skeptische erkenntnistheoretische Einwand kein Argument gegen die ontologische Behauptung von Wesenheiten. Es bliebe dann noch die Möglichkeit, dass es zwar Wesenheiten gibt, diese allerdings unerkennbar sind, sozusagen „verborgene Wesenheiten“, wie sie Locke auch tatsächlich annimmt. Allerdings beruht diese Skepsis in Bezug auf Wesenheiten auf empiristischen Voraussetzungen, nach denen nur das erkennbar ist, was sinnlich gegeben ist, wobei dieses sinnlich Gegebene die Sinneseindrücke selbst sind, also mentale Entitäten, denen nicht notwendigerweise eine Wirklichkeit entspricht.

Samstag, 30. April 2011

Wesenheiten

Infolge des nominalistischen Zweifels an der Erkennbarkeit von Wesenheiten hat wohl kaum eine andere scholastische Theorie mehr Kritik bekommen als die Theorie der Wesenheiten. Die meisten philosophischen Theorien der Gegenwart, also insbesondere der analytischen Philosophie, sind antiessentialistisch. Zwar gibt es neuere Entwicklungen in der analytischen Philosophie, die essentialistischen Theorien verteidigen, doch unterscheidet sich deren Theorie der Wesenheiten deutlich von der aristotelisch-scholastischen Auffassung. Nach letzterer ist eine Wesenheit die Natur eines Dinges, die durch eine metaphysische Definition des Fallens unter einen bestimmte Art oder Gattung und ihre spezifische Differenz charakterisiert ist. Das klassische Beispiel hierfür ist die Natur oder Wesenheit des Menschen als animal rationale, als vernünftiges Lebewesen.

Mittwoch, 27. April 2011

Das mechanistische Weltbild der Moderne

Das Weltbild der modernen Wissenschaften und der Philosophie ist mechanistisch und naturalistisch. Leider hat dieses Denken den modernen Menschen tief ergriffen und verändert, was in ihm dieselbe Sinnleere hinterlassen hat, die das mechanistische Weltbild der Moderne hervorbringt. Doch was ist mit diesem Begriff des mechanistischen Weltbildes gemeint? Wir sind keine Esoteriker oder New Age Jünger, die auch häufig von einem mechanistischen Weltbild reden und sich davon mit ihren geradezu schwachsinnigen „Theorien“ abzusetzen versuchen, wobei sie in den allermeisten Fällen dieses Weltbild sogar teilen. Das mechanistische Weltbild ist der Ersatz für den Aristotelismus des Mittelalters. Die Grundlage dieses neuzeitlichen Denkens ist die Ignoranz gegen die Formal- und Finalursache, denn Argumente gegen diese gibt es praktisch nicht, wie wir gesehen haben.

Dienstag, 26. April 2011

Argumente gegen die Formursache?

Ein weiteres Argument gegen die scholastische Theorie der vier Ursachen stammt vom englischen Philosophen Locke, dessen ganzes Bemühen der Kritik der Scholastik galt. Obgleich Locke keine außerordentlichen philosophischen Neuerungen gebracht hat und seine Kritik der Scholastik äußerst flach, oberflächlich und von Missverständnissen durchsetzt ist, hatte und hat Lockes Philosophie großen Einfluss ausgeübt. Speziell gegen die Form, die gemeinsam mit der Materie jedes Ding konstituiert, wendet Locke ein, dass es „monster“ und „changelings“ gibt, womit er vielfältig deformierte und geistig zurückgebliebene Wesen, wie den „Elephant Man“ meint, die er offensichtlich nicht zu den Menschen zählt und die deshalb jeweils eine eigene Form nötig machen.

Freitag, 22. April 2011

Argumente gegen Finalität?

Überaus erstaunlich ist die Tatsache, dass es für die Ablehnung der Finalursache durch die neuzeitliche Philosophie schon vor Descartes praktisch keine Argumente gibt. In einigen Fällen versuchten Philosophen die Finalität lächerlich zu machen, in den meisten Fällen wird einfach darauf verwiesen, dass eine Finalursache „unwissenschaftlich“ ist – wobei dies nicht näher begründet wird – oder das Thema wird schlicht ausgeblendet. Im Allgemeinen wird auf die großen Erfolge der modernen Wissenschaften verwiesen, die ohne die Finalursache auskommen. Doch rechtfertigt der unbestreitbare Erfolg von Naturwissenschaft und Technik das moderne, mechanistische Weltverständnis?

Mittwoch, 20. April 2011

Vier Ursachen, ein Beispiel

Eine vollständige philosophische oder metaphysische Erklärung eines Gegenstandes ist nur dann gegeben, wenn man alle vier Ursachen im Sinne des Aristoteles angibt. Moderne wissenschaftliche und philosophische Erklärungen belassen es bei zwei Ursachen, nämlich den materiellen Bestandteilen eines Gegenstandes und der Wirkursache. Dabei gilt die Materie im strengen Sinne nicht als Ursache und die Wirkursache wird anders interpretiert als bei Aristoteles. An einem Beispiel soll hier eine vollständige Erklärung eines Gegenstandes durch seine vier Ursachen erläutert werden.

Dienstag, 19. April 2011

Vier, nicht eine Ursachenart. Die Wirkursache

Einer der wohl wichtigsten Unterschiede zwischen der neuzeitlichen Philosophie und der Scholastik ist die Theorie über Kausalität. Während die neuzeitliche Philosophie, einschließlich der Gegenwartsphilosophie, insbesondere die analytische Philosophie, nur die Wirkursache als echte Kausalität anerkennt, unterscheidet die Scholastik mit Aristoteles vier verschiedene Ursachenarten. Neben der Wirkursache, deren Verständnis sich zudem von modernen Kausaltheorien unterscheidet, werden die materiale Ursache, die Formursache und die Finalursache genannt. Thomas von Aquin hält die Finalursache sogar für die mit Abstand wichtigste Ursache, da sie alle anderen, vor allem jedoch die Wirkursache erst verständlich macht.

Montag, 18. April 2011

Individuation

Ein schwieriges Problem der Philosophie ist die Frage der Individuation. Dies ist auch in der Scholastik nicht anders. Jede Substanz ist von jeder anderen Substanz verschieden. Was aber ist der Grund für diese Verschiedenheit. Die substantielle Form kann nicht die Ursache sein, da sie eine Universalie ist, eine Form, die allen Dingen der gleichen Art zukommt, besser, die von allen Substanzen der gleichen Art instantiiert wird.
Es kann aber auch nicht die potentielle Materie sein, die materia prima, wie die Scholastiker es nannten, da diese völlig unbestimmt ist und daher nicht für die Individuation einer Entität verantwortlich sein kann.

Donnerstag, 14. April 2011

Wir beginnen

Ab heute beginne wir mir regelmäßigen Beiträgen. Ziel des Blogs ist die Darstellung, Auseinandersetzung und Kritik aktueller Ereignisse aus Gesellschaft, Kultur, Politik und insbesondere Philosophie auf der Grundlage der aristotelisch-thomistischen Philosophie, bzw. der Scholastik.