Dienstag, 8. Januar 2013

Thomas von Aquin in Japan


Anders als in Deutschland ist die gesamte Summa Theologiae Thomas von Aquins jetzt ins japanische übersetzt. Das hat natürlich lange Zeit gedauert, nämlich genau 52 Jahre, länger als Thomas selbst gelebt hat und der hat noch zahlreiche weitere Werke verfasst. In Deutschland begannen die Dominikaner in den 1930iger Jahren mit einer deutschen Übersetzung, die aber dann in den 1960iger Jahren im Gefolge der Modernisierungen des II. Vatikanischen Konzils eingestellt wurde. Stattdessen wendeten sich die Dominikaner in Deutschland lieber dem Existenzialismus und der Philosophie Martin Heideggers zu. Ein besonders Verdienst an der japanischen Übersetzung der „Summa“ kommt dem Katholiken Ryosuke Inagaki (84) zu, der fast die Hälfte der 45 Bände übersetzt hat.




Ryosuke Inagaki sagte dem Pressedient Ucanews am gestrigen Montag in einem Interview anlässlich der Fertigstellung der Übersetzung: „Thomas‘ Schriften sind wie ein Stück von Bach, mit einem Rhythmus, der den Zugang erleichtert. Nachdem ich einmal in der Übersetzung drin war, ging es ziemlich schnell“. Der Gelehrte hatte 20 der 45 Bände der japanischen Gesamtausgabe selbst übersetzt und das Projekt bis zum Abschluss im September begleitet.

Nach dem Bericht der Nachrichtenagentur wurde Inagaki erst als Student getauft, nachdem er das große theologische Werk des Thomas von Aquin unter anderem durch einen in Japan stationierten US-Offizier nach dem Zweiten Weltkrieg kennengelernt hatte. Später forschte er zum Begriff des Naturgesetzes bei Thomas.

An dem japanischen Übersetzungsprojekt nahm er ab dem elften Band teil. Seine Lieblingsausgabe der „Summa theologiae“ blieb ein 1952 erschienenes Taschenbuchexemplar für den breiten US-amerikanischen Markt mit dem Titel „My Way of Life“. Der Titel bringe treffend zum Ausdruck, dass Thomas eine Gebrauchsanweisung für Leute habe schreiben wollen, „die wirklich und wahrhaftig glücklich werden wollen“, so Inagaki.

An der japanischen Übersetzung waren 15 Wissenschaftler beteiligt. Die Hälfte von ihnen erlebte die Fertigstellung des jetzt erschienenen letzten Band nicht mehr mit. Der Gründer des Verlagshauses, in dem die japanische „Summa“ erscheint, starb zwei Tage nach Fertigstellung der Druckfahne für den letzten Band.

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